Francis Feidler ELASTIKOMMUNIKATION



11.  
“Francis Feidler's Identitätswurzeln”, ein Text von Dominique Legrand, 2020

Post vom 10.06.2021
Der Text von Dominique Legrand, der im französischen Original auf der Webseite des Autors nachzulesen ist, aber zunächst in Flux News veröffentlicht wurde, beschäftigt sich mit Francis Feidlers Schaffen als Künstler. Seine neueren Arbeiten werden nicht nur in Bezug zu den älteren Arbeiten gesetzt, auch seine Zeit als Direktor des IKOB kommt dabei nicht zu Kurz. Kern des Textes ist eine genaue Analyse des Begriffes der Elastikommunikation. Zitat: “Elastikommunikation visualisiert alle Aspekte der menschlichen Kommunikation durch die Form der Spirale: Ob gezeichnet, verdrahtet oder installiert, die Spirale ist ein Zeichen, das sich in der Zeit unendlich fortsetzt. Wenn wir einen Anfang und ein Ende sehen, die zwischen zwei Extremen polarisiert sind, könnte die Spirale das Leben eines Menschen darstellen, in dem sich alles unabhängig von zeitlichen oder örtlichen Zufälligkeiten reproduziert. Man muss immer aufmerksam sein, um festzustellen, in welchem Segment dieser Spirale man sich befindet. Nochmals extrapolierend: Denken wir darüber nach, was wir erleben und wie wir diese Tatsache erklären! "
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Foto des Textes “Les racines identitaires de Francis Feidler” vonDominique Legrand, der in Flux News n°83, 2020 publiziert wurde
10.  
Elastikommunikation mit zwei Stahlplatten, im Park Helan Arts in Luipegem 77, 2680 Bornem, 1990
Post vom 11.06.2021
 
Kommunikation ist für Francis Feidler der Schlüssel zu allem was ist. Kunst, Leben, Liebe - bei all dem, was uns als denkende und fühlende Lebewesen umtreibt, steht die Kommunikation im Mittelpunkt. Wie Hartmut Rosa, der Soziologieprofessor aus Jena, steht für Feidler alles in einem Schwingungsverhältnis. Er nennt dieses Verhältnis jedoch nicht Resonanz, sondern Elastikommunikation.

Mit seinen Großskulpturen, wie im Fall dieser Außenskulptur im Park Helan Arts in Luipegem, macht Feidler das widersprüchliche dieses Verhältnisses sichtbar. Die große gebogene Stahlplatte wird von einem Stahlseil gehalten. Man spürt die Spannung förmlich. Doch was man eigentlich spürt ist die Elastikommunikation zweier Materialien, die eigentlich als “starr” und “unkommunikativ” eingestuft werden. Das paradoxe dieser Situation ist gleichzusetzen mit dem Paradox menschlicher Kommunikation.

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Francis Feidler, Elastikommunikation mit zwei Stahlplatten, im Park Helan Arts in Luipegem 77, 2680 Bornem, 1990
9.  
Shinx, oder: „Elastikommunikation mit der Ruhrsphinx“, 1993

Post vom 10.06.2021
 
Ferdinand Ullrich, der Feidler seiner Zeit in die Kohlenzeche Recklinghausen eingeladen hatte, schrieb in seinem Text, der anlässlich der Ausstellung Francis Feidler’s im IKOB publiziert werden wird, folgendes zu dieser Arbeit. “Feidler macht die Maschinenhalle zur Bühne eines dramatischen Geschehens fern des industriellen Zusammenhanges. „Elastikommunikation mit der Ruhrsphinx“ nennt der Künstler das Werk. Auch das ist ein Überschreiten des einstigen Zweckrationalismus. Die mit schwarzer Kunststoffplane verhüllte Fördermaschine erscheint in der Tat wie ein Mammon. Ihrer Funktion durch die schwarze, mit stählernen Spannseilen fixierte Hülle nun auch optisch beraubt, ist sie lediglich ein monumentales Gebilde, ein undefinierbarer Berg, der alles Mögliche sein kann – auch eine Sphinx, als Mischwesen und Wächter der Tradition genauso wie ein gestürzter Titan. Dieser Eingriff schafft Verzauberung und Poetisierung, Verrätselung und Vieldeutigkeit, aber auch ein gutes Stück Surrealismus.” 
Auch Ullrich weist auf die inhärente Poesie hin, die die Vieldeutigkeit des Werkes Feidlers bestimmt. Der Text, dessen Tonart von Respekt und Freundschaft getragen ist, gibt einen guten Eindruck von der Ambition Feidlers und seiner Furchtlosigkeit, sich auch großen Projekten zu stellen.
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Francis Feidler, Die Sphinx, Installation in der Kohlenzeche Recklinghausen II, hier die Tandemdampfmaschiene, überdeckt von einem schwarzen Plastiküberzug der von innen weiß, 1993
8. Kopf und Körper, Öl-Leinen - 130x130cm, 1974

Post vom 10.06.2021
“Kopf und Körper” ist ein gutes Beispiel für Francis Feidlers malerisches Schaffen, das nach seinem Rückzug als Direktor des IKOB, wieder an Wichtigkeit gewann. Zu dieser Zeit ist der Haupaugenmerk Feidlers auf dem Menschen. Diesen sieht er offenbar als ein abstraktes, nicht fassbares, komplexes Wesen, das sich einer eindeutigen Fassbarkeit entzieht. Auch in diesem Bild befindet sich der Kopf der Gestalt in Auflösung. Die Farben verschwimmen und entwickeln einen Studel an dessen Ende im rechten Teil des Bildes so etwas wie ein halluzinierendes Augenpaar aufscheint. Psychedelisch wirkt es und schlägt damit einen referenziellen Bogen zu den geisteserweiternden Projekten der 60er und 70er Jahre. Die Augen der weniger abstrakten Hauptfigur sind nicht zu erkennen. Daher stellt sich die Frage, ob das gerade beschriebene außerkörperliche Augenpaar ein Indiz für das “sehende, geistige Auge” - auch bekannt als das intuitive Wissen der Künstler:innen ist. Ist das Gemälde damit eine Allegorie auf das künstlerische Sehen? Oder gar ein Selbstbildnis? Auf alle Fälle ist es ein gelungenes Werk, das die malerischen Ambitionen Feidlers nicht nur verdeutlicht, sondern als gelungen manifestiert.
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Francis Feidler, Kopf und Körper, Öl auf Leinen, 130 x 130 cm, 1974,
7.  
Kapitaleiter, 1980
Post vom 04.06.2021
 
“Kapitaleiter” steht als Überschrift auf diesem Blatt, das eine Qualität des Feidlerschen Kunstschaffens ganz deutlich macht - die poetisch-literarische Dimension. Immer wieder entwickelt er in Texten, die an Gedichte denken lassen, eindrückliche Denkbilder, die kritisch den Finger in die Wunde eines globalen Kapitalismus legen, der sich bereits in den 70er / 80er Jahren voll entwickelt hatte. Ungerechtigkeit und Ausbeutung, das koloniale Erbe Europas und die daraus resultierenden Verbrechen in der Gegenwart, werden von Feidler einmal mehr schonungslos ins Visier genommen. 
Der Text steht für sich. Feidler schreibt 1980: “Weißliche, dickliche Flüssigkeit aus Blutwasser (Somalia) u. weißen Blutkörperchen (Krieg). Bildet sich durch den Reiz von Eitererregern (Kapitalismus) an Wunden (Menschen) un im Gewebe(Natur). Eröffnung durch Einschnitt.” 9.10.1980
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Francis Feidler, Kapitaleiter, 1980